In der Schweiz sind Überstunden und Überzeit Begriffe, die im Arbeitsrecht eine wesentliche Rolle spielen. Es ist von entscheidender Bedeutung, diese beiden Konzepte zu verstehen, um die Arbeitsgesetze korrekt anzuwenden und sicherzustellen, dass Arbeitnehmende fair behandelt und vergütet werden. In diesem Blogpost erörtern wir die Unterschiede zwischen Überstunden und Überzeit in der Schweiz sowie ihre Bedeutung für Firmen und Arbeitnehmende.
Was ist der Unterschied zwischen Überstunden und Überzeit?

A. Definition: Was sind Überstunden?

Überstunden beziehen sich auf die Arbeitsstunden, die über die vertraglich festgelegte Arbeitszeit hinausgehen. Die vertragliche Arbeitszeit wird im Einzelarbeitsvertrag, in einem GAV oder allenfalls in einem NAV definiert. Wo diese fehlt, ist gemäss Art. 321c Abs. 1 Obligationenrecht (OR) die «übliche Arbeitszeit» massgebend.

Jede Arbeitsstunde, die über die reguläre tägliche oder wöchentliche Arbeitszeit hinausgeht, gilt folglich als Überstunde. Diese zusätzlichen Arbeitsstunden können aufgrund von geschäftlichen Anforderungen, Projekten oder unvorhergesehenen Situationen auftreten.

Selbst bei Teilzeitbeschäftigten ist die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit entscheidend. Arbeitsstunden, die über diese vereinbarte Zeit hinausgehen, gelten als Überstunden. Allerdings wird häufig vertraglich festgelegt, dass nur Arbeitsstunden, die über die übliche betriebsinterne Arbeitszeit hinausgehen, Anspruch auf eine Überstundenvergütung haben. Eine derartige Vereinbarung ist rechtlich gültig.

B. Pflicht zur Leistung von Überstunden

Prinzipiell obliegt es den Arbeitnehmenden, nur das im Vertrag festgelegte Arbeitspensum zu erfüllen. Es besteht jedoch eine Ausnahmeregelung, die sie zur Ableistung von Überstunden verpflichtet, sofern folgende Kriterien erfüllt sind gemäss Art. 321c Abs. 1 OR:

1. Notwendigkeit

Die Überstunden müssen notwendig sein, beispielsweise wenn aussergewöhnlich viel Arbeit anfällt oder diese dringend erledigt werden muss. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn vorhandene Hilfskräfte oder eine bessere Organisation die Überstunden leicht vermeiden könnten.

2. Keine Überforderung der physischen und psychischen Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers:

Das Ableisten von Überstunden darf nicht zu einer Überforderung der physischen und psychischen Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers führen.

3. Zumutbarkeit:

Die Überstunden müssen dem Arbeitnehmer nach Treu und Glauben zugemutet werden können. Die Beurteilung der Zumutbarkeit hängt stark von den individuellen Umständen ab. Bei Teilzeitbeschäftigten ist zu berücksichtigen, dass sie neben der Teilzeitstelle auch andere Verpflichtungen haben können.

4. Einhaltung der Bestimmungen des Arbeitsgesetzes (ArG) über die Arbeits- und Ruhezeiten:

Die Einzelheiten hierzu sind insbesondere in den Artikeln 9 ff. ArG sowie Artikeln 13 ff. der Arbeitszeitverordnung (ArGV 1) festgelegt. Weiterführende Informationen zu den Arbeits- und Ruhezeiten finden sich im Merkblatt Arbeits- und Ruhezeiten vom Staatssekretariat für Wirtschaft SECO.

C. Definition: Was ist Überzeit?

Als Überzeit wird die Arbeitszeit definiert, die die gesetzlich festgelegte Höchstarbeitszeit gemäss dem Arbeitsgesetz überschreitet. Gemäss dem Arbeitsgesetz liegt die maximale Arbeitszeit in industriellen Betrieben, für Büropersonal, technische und andere Angestellte sowie Verkaufspersonal in Grossbetrieben des Einzelhandels (mit mehr als 50 Arbeitnehmenden) bei 45 Stunden pro Woche gemäss Art. 9 ArG. In anderen Betrieben beträgt die Höchstarbeitszeit 50 Stunden pro Woche.

D. Unterschiede und Konsequenzen

Überzeit bezeichnet die Arbeitszeit, die über die gesetzlich festgelegte Höchstarbeitszeit gemäss dem Arbeitsgesetz hinausgeht. Im Gegensatz dazu beziehen sich Überstunden auf die Überschreitung der im Vertrag vereinbarten Arbeitszeit.

Beispiel: Angenommen, ein Arbeitnehmer in einem industriellen Betrieb arbeitet in einer bestimmten Woche 52 Stunden. Da die Höchstarbeitszeit gemäss Art. 9 ArG 45 Stunden beträgt, hat dieser Arbeitnehmer 7 Stunden Überzeit geleistet. Wenn wir von einer vertraglich festgelegten Arbeitszeit von 40 Stunden pro Woche ausgehen, kämen noch 5 Überstunden hinzu.

Hinsichtlich der Abgeltung von Überstunden gelten die folgenden Bestimmungen:

  • Es ist möglich, den Zuschlag für Überstunden sowie den Ausgleich durch Freizeit vertraglich vollständig oder teilweise auszuschliessen. Andernfalls beträgt der Lohnzuschlag für geleistete Überstunden 25 Prozent.
  • Die Kompensation von Überstunden durch Freizeit kann nicht einseitig vom Arbeitgeber angeordnet werden; die Zustimmung des Arbeitnehmenden ist erforderlich.

Für die Abgeltung von Überzeit sind die folgenden Regelungen zu beachten:

  • Gemäss Art- 13 ArG muss Überzeit zwingend mit einem Lohnzuschlag von 25 Prozent vergütet werden oder – sofern der Arbeitnehmende zustimmt – durch Freizeit von mindestens gleicher Dauer ausgeglichen werden. Eine Klausel im Arbeitsvertrag, die die Entschädigung für geleistete Überzeit (mit Zuschlag) oder die Kompensation untersagt, wäre rechtlich nicht zulässig und somit unwirksam, selbst wenn der Arbeitnehmende damit einverstanden ist.

Da die Leistung von Überzeit im Gegensatz von Überstunden in der Regel eine Ausnahme darstellt, kann eine Regelung zur Überzeit im Arbeitsvertrag vernachlässigt werden. Dies liegt auch daran, dass im Arbeitsvertrag kaum Spielraum für vertragliche Abweichungen besteht.

E. Fazit

Die Unterscheidung zwischen Überstunden und Überzeit ist entscheidend, um sicherzustellen, dass Arbeitszeiten korrekt erfasst und vergütet werden. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten sich über die geltenden Arbeitsgesetze und Bestimmungen informieren, um Missverständnisse zu vermeiden und ein faires Arbeitsumfeld zu gewährleisten. Respektierung der Arbeitszeiten, angemessene Entlohnung und Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften tragen gemeinsam zu einer positiven Arbeitskultur bei.

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