Rechte und Pflichten der Unternehmen im Baugewerbe in der Schweiz

Korrekte Arbeitsbedingungen im Baugewerbe und landesweit einheitliche Rahmenbedingungen sorgen für einen fairen Wettbewerb. Davon profitieren die Schweizer Unternehmen in den Baubranchen.

Hier finden Sie eine Übersicht zu den arbeitsrechtlichen Verpflichtungen der Unternehmen des Baugewerbes. Für die einzelnen Branchen gelten teilweise spezifische Gesamtarbeitsverträge (GAV).

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Das sind Unternehmen des Baugewerbes
Definition

Zum Bauhauptgewerbe zählen Unternehmen, die Arbeiten im Zusammenhang mit dem Rohbau im Hoch- und Tiefbau sowie im Strassenbau ausführen.

Zum Baunebengewerbe (auch Ausbaugewerbe genannt) zählen alle Branchen, welche sich mit dem Ausbau von Bauwerken beschäftigen. Dazu zählen beispielsweise das Schreinergewerbe, das Malergewerbe und die Gebäudetechnikbranche.

Alle Informationen auf einen Blick!

In Kürze: Das müssen Sie beachten.

Checkliste
  • Korrekte Löhne: Ihr Unternehmen bezahlt korrekte Löhne und hält sich an verbindliche Mindestlöhne (bspw. gemäss einem anwendbaren Gesamtarbeitsvertrag).
  • Lohngleichheit: Sie bezahlen gleiche Löhne für gleiche Arbeit und diskriminieren nicht nach Kriterien wie Geschlecht, Nationalität oder Alter.
  • Korrekte Arbeitszeiten: Die gesetzlichen Regelungen zu den Arbeitszeiten (bspw. Ferien, maximale Arbeitszeiten, Pausen) werden eingehalten.
  • Versicherung: Sie versichern Ihre Mitarbeitenden gegen Unfälle nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Unfallversicherung (UVG).
  • Meldung bei der Ausgleichskasse (Sozialabgaben): Mitarbeitende, die mehr als 8 Stunden pro Woche bei Ihnen arbeiten, müssen Sie bei der zuständigen Ausgleichskasse anmelden.
  • Meldung bei der Ausgleichskasse (Familienzulagen): Bei verheirateten Mitarbeitenden oder Mitarbeitenden mit Kindern müssen Sie bei der Ausgleichskasse zudem eine Meldung hinsichtlich der Familienzulagen machen – soweit diese noch nicht anderweitig bezogen werden.
  • Entrichtung der Sozialabgaben: Ihr Unternehmen entrichtet die entsprechenden Sozialabgaben korrekt und vollständig.
  • Bewilligungen liegen vor: Für ausländische Mitarbeitende liegen die erforderlichen Bewilligungen  vor.
  • Meldepflichten bei Entsendungen: Die im Entsendegesetz vorgeschriebenen Meldungen wurden vorgenommen.

Mögliche Sanktionen bei Missachtung der Vorschriften

Konsequenzen

Verstösse von Unternehmen im Anwendungsbereich eines Gesamtarbeitsvertrags werden durch die zuständige paritätische Kommission beurteilt.

Dem Unternehmen droht eine Konventionalstrafe und die Auferlegung der Kontrollkosten. Weitere mögliche Folgen sind:

  • Verwaltungsrechtliche Sanktionen
  • Dienstleistungssperren
  • Arbeitsunterbruch
  • Strafrechtliche Konsequenzen
  • Bussen oder Gebühren
  • Rückzahlung von nicht gezahlten Sozialversicherungsbeiträgen und Steuern
  • Entzug der Aufenthaltsbewilligung und Wegweisung aus der Schweiz für ausländische Arbeitnehmer
  • Ausschluss von künftigen Aufträgen des öffentlichen Beschaffungswesens oder Kürzung von öffentlichen Finanzhilfen

Zudem müssen die Unternehmen allfällige nicht entrichtete Leistungen nachzahlen. Das gilt bspw. für zu wenig bezahlte Löhne oder Sozialabgaben.

Gut zu wissen

Tipps

In verschiedenen Baubranchen bestehen Gesamtarbeitsverträge (GAV). Dabei handelt es sich um einen Vertrag zwischen den Unternehmen dieses Wirtschaftszweigs (Arbeitgeberverbände) und den entsprechenden Arbeitnehmerverbänden (Gewerkschaften). Ein GAV regelt die Arbeitsbedingungen in der Branche. Die dafür zuständige Behörde kann einen GAV für allgemeinverbindlich erklären. In diesem Fall finden die Bestimmungen des GAV auf alle Unternehmen dieser Branche Anwendung – auch wenn diese am Vertrag nicht beteiligt sind.

Eine Übersicht zu den allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträgen und ihrem Geltungsbereich ist auf der Webseite des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO verfügbar.

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Lohn und Entschädigung

Für die geleistete Arbeit haben alle Arbeitnehmenden einen Anspruch auf einen Lohn. Für die Höhe des Lohns ist in erster Linie die Vereinbarung zwischen den Parteien im Arbeitsvertrag massgebend.

In gewissen Branchen werden durch Normalarbeitsverträge (NAV) resp. Gesamtarbeitsverträge (GAV) Mindestlöhne festgelegt. Viele Branchen im Baugewerbe kennen solche GAV.

Was ist ein Mindestlohn?

Ein Mindestlohn ist ein Anspruch der Arbeitnehmenden auf Entlöhnung in dem verbindlich vorgeschriebenen Umfang. Darüber hinaus dürfen Unternehmen die Löhne mit ihren Arbeitnehmenden weiter individuell vereinbaren. Der festgelegte Mindestlohn setzt lediglich eine Untergrenze, die nicht unterschritten werden darf.

Die in den GAV festgelegten Mindestlöhne sind in der Regel nach verschiedenen Faktoren abgestuft (bspw. Alter, Position, Ausbildung). In einem GAV sind auch weitere für den Lohn relevante Bestimmungen geregelt (bspw. Entschädigung von Überstunden).

Sowohl der Bund als auch die Kantone können Massnahmen zur Festsetzung von Mindestlöhnen ergreifen.

Für wen gilt der Lohnschutz im GAV?

Die in einem GAV vorgesehenen Mindestlöhne muss ihr Unternehmen beachten, wenn

  • Ihr Unternehmen diesem GAV angeschlossen ist; oder
  • der GAV für allgemeinverbindlich erklärt wurde und Ihr Unternehmen im Wirtschaftszweig tätig ist, für den der GAV abgeschlossen wurde.

Was gilt, wenn kein GAV vorliegt?

Unternehmen, die keinem GAV unterstellt sind und sich nicht freiwillig angeschlossen haben, müssen sich an die orts- und branchenüblichen Lohn- und Arbeitsbedingungen halten. In Branchen und Regionen mit häufigem Missbrauch können die Kantone Normalarbeitsverträge (NAV) mit zwingenden Mindestlöhnen erlassen.

Was passiert, wenn Mindestlöhne unterschritten werden?

Dem Unternehmen drohen die unter „Konsequenzen bei Missachtung der Vorschriften“ aufgezählten Punkte. Jedoch muss – wie dort beschrieben – zwischen Schweizer Betrieben und Entsendebetrieben unterschieden werden.

Darüber hinaus kann die Differenz zwischen dem zustehenden und tatsächlich ausbezahlten Lohn von den Arbeitnehmenden mittels zivilrechtlicher Klage eingeklagt werden.

Arbeits- und Ruhezeiten

Ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben einen Anspruch darauf, dass eine maximale Anzahl Arbeitsstunden pro Woche nicht überschritten wird. Es steht ihnen zudem eine minimale Ruhezeit zwischen den Arbeitseinsätzen zu.

Im Baugewerbe werden die Arbeitszeiten regelmässig in den Gesamtarbeitsverträgen (GAV) geregelt. Diese setzen einen Standard fest. Die Mitarbeitenden der Unternehmen, die diesen GAV-Regeln unterstellt sind, dürfen nicht schlechter gestellt werden. Es steht den Unternehmen jedoch frei, eine tiefere Anzahl der maximalen Wochenarbeitszeit oder eine längere Ruhezeit zwischen den Einsätzen zu gewähren.

Was ist Arbeitszeit?

Es handelt sich um die Zeit, «während der sich der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin zur Verfügung des Arbeitgebers zu halten hat» (Art. 13 Abs. 1 Arbeitsgesetz).

Der Arbeitsweg wird nicht als Arbeitszeit mitgerechnet. Wird die Arbeit jedoch ausserhalb des üblichen Arbeitsortes verrichtet, und ist dadurch der Arbeitsweg verlängert, so stellt die zusätzliche Wegzeit Arbeitszeit dar.

Pausen gelten als Arbeitszeit, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer den Arbeitsplatz nicht verlassen darf.

Mehrarbeit: Überstunden und Überzeit

Die Normalarbeitszeit ist die üblicherweise pro Woche zu arbeitende Zeit und wird im Einzelarbeitsvertrag vereinbart oder allenfalls durch einen GAV oder NAV definiert. Fehlt eine solche vertragliche, GAV oder NAV-Bestimmung, ist laut OR die "übliche Arbeitszeit" massgebend (Art. 321c Abs. 1 OR). Überstunden sind die positive zeitliche Differenz zwischen der geleisteten und der Normalarbeitszeit. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind zur Leistung von Überstunden verpflichtet, soweit sie es zu leisten vermögen und es ihnen zugemutet werden kann (vgl. Art. 321c Abs. 1 OR).

Überschreitet die effektive Arbeitszeit einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers nicht nur die Normalarbeitszeit sondern auch die gesetzliche Höchstarbeitszeit, handelt es sich um Überzeit. Die Überzeit ist zwingend mit einem Lohnzuschlag von 25% zu entschädigen. Wird Überzeitarbeit im Einverständnis mit dem einzelnen Arbeitnehmer innert eines angemessenen Zeitraums durch Freizeit von gleicher Dauer ausgeglichen, so ist kein Zuschlag auszurichten. Das Arbeitsgesetz legt folgende wöchentlichen Obergrenzen fest:

  • 45 Stunden in industriellen Betrieben sowie Büropersonal und andere Angestellte (bspw. im Detailhandel);
  • 50 Stunden für alle übrigen Angestellten.

Diese wöchentliche Obergrenze darf um maximal vier Stunden verlängert werden, wenn die Höchstarbeitszeit im Jahresdurchschnitt eingehalten wird.

Neben dem Arbeitsgesetz sind die einschlägigen Gesamtarbeitsverträge massgebend. Für mehr Informationen informieren Sie sich also in dem für Ihre Branche anwendbaren GAV.

Können Angestellte zur Leistung von Überzeit verpflichtet werden?

Angestellte können nur eingeschränkt zur Leistung von Überzeitarbeit verpflichtet werden. Die Anordnung von Überzeit ist nur im Tages- und Abendzeitraum erlaubt und darf einzig aus den folgenden Gründen geleistet werden:

  • wegen Dringlichkeit der Arbeit;
  • wegen ausserordentlichen Arbeitsandranges;
  • für Inventaraufnahmen, Rechnungsabschlüsse oder Liquidationsarbeiten;
  • zur Beseitigung von Betriebsstörungen.

Zudem darf die maximale Überzeit pro Kalenderjahr 170 Stunden nicht überschreiten. Dabei ist kumuliert jede angefallene Überzeitstunde zu zählen.

Ferner muss Überzeitarbeit nach Art. 13 ArG grundsätzlich mit einem Zuschlag von 25% entschädigt oder im Einverständnis mit der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer durch Freizeit von gleicher Dauer kompensiert werden.

Welche Ruhezeiten sind Angestellten zu gewähren?

Angestellte dürfen höchstens an sechs aufeinanderfolgenden Arbeitstagen arbeiten. Danach müssen sie zwingend ein Ruhetag beziehen.

Arbeitnehmende haben zudem einen Anspruch auf Pausen. Diese dienen der Erholung, Ernährung und Freizeit. Der Arbeitsplatz darf in diesen Pausen grundsätzlich verlassen werden. Es gelten folgende Mindestpausen:

  • Arbeitszeit von mehr als 5,5 Stunden: ¼ Stunde
  • Arbeitszeit von mehr als 7 Stunden: ½ Stunde
  • Arbeitszeit von mehr als 9 Stunden: 1 Stunde

Angestellte haben Anspruch auf mindestens 11 Stunden Ruhezeit zwischen zwei Arbeitstagen. Die tägliche Ruhezeit darf einmal pro Woche auf 8 Stunden verkürzt werden, sofern im Durchschnitt von zwei Wochen eine tägliche Ruhezeit von 11 Stunden eingehalten wird.

Wie viel Ferien müssen Angestellten gewährt werden?

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben Anspruch auf mindestens 4  Wochen bezahlte Ferien pro Jahr. Daneben besteht ein Anspruch auf bezahlte Feiertage.

Darf Nachtarbeit angeordnet werden?

Es ist Unternehmen grundsätzlich untersagt, Arbeitnehmende ausserhalb der betrieblichen Tages- und Abendarbeit zu beschäftigen. Nachtarbeit ist daher grundsätzlich nur mit einer behördlichen Bewilligung zulässig. Davon ausgenommen sind Branchen oder Gruppen von Arbeitnehmenden, für die der gesetzliche Zeitrahmen nachweislich zu eng ist (vgl. Verordnung 2 zum Arbeitsgesetz).

Sonntagsarbeit ist ebenfalls untersagt resp. nur mit einer behördlichen Bewilligung zulässig. Auch hier gibt es allerdings zahlreiche Ausnahmen, in welchen von einer Bewilligung abgesehen werden kann.

Bei Leistung von Nacht- und Sonntagsarbeit ist grundsätzlich ein Zeit- oder Lohnzuschlag geschuldet.

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Meldepflichten und Bewilligungen für Unternehmen

Unternehmen müssen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei einer Vielzahl von Stellen anmelden. Die wichtigsten Beispiele:

  • Ausgleichskasse für Sozialabgaben
  • Familienausgleichskasse
  • Pensionskasse
  • Unfallversicherung
  • Krankentaggeldversicherung

Besondere Regeln gelten für Schweizer Unternehmen, die Subunternehmer oder Selbständige aus dem EU-/EFTA-Raum beschäftigen resp. aus dem Ausland entsendete Arbeitnehmende auf den Baustellen einsetzen. Diese Arbeitsmodelle unterstehen zusätzlichen Meldepflichten im Sinne des Entsendegesetzes.

Behördliche Bewilligungen sind zudem in den meisten Branchen einzuholen, wenn Arbeiten an Sonntagen oder nachts gearbeitet werden soll (vgl. Arbeits- und Ruhezeiten).

Sicherheit und Gesundheitsschutz in privaten Arbeitsverhältnissen

Unternehmen müssen gemäss Bundesgesetz über die Unfallversicherung (UVG) Massnahmen zur Verhütung von Berufsunfällen und Berufskrankheiten ergreifen. Angestellte müssen gegen Berufsunfälle sowie in der Regel auch gegen Nichtberufsunfälle versichert werden.

Für die Überwachung der Vorschriften über die Verhütung von Berufskrankheiten ist ausschliesslich die SUVA zuständig. Im Bereich der Verhütung von Berufsunfällen kommt es bei der Überwachung auf die Art des Betriebes an.

Für Betriebe mit spezifischen Betriebsgefahren und die Betriebe, deren Arbeitnehmende obligatorisch bei der SUVA versichert sind, ist die SUVA zuständig. Eine Liste dieser Betriebe finden Sie in Art. 66 UVG.

Betriebe, die nicht im Zuständigkeitsbereich der SUVA liegen, werden gemäss Art. 47 VUV durch die kantonalen Durchführungsorgane des Arbeitsgesetzes überwacht.